Wenn Deutsche an Insel-Urlaub im Mittelmeer denken, dürften ihnen zumeist Mallorca oder die griechischen Inseln in den Sinn kommen. Aber natürlich gibt es noch viele andere Möglichkeiten, auf einem mediterranen Eiland Erholung und Seelenbaumelei zu finden.
Die ziemlich winzige Inselrepublik Malta gehört unbedingt dazu. Der mit 316 qkm Gesamtfläche und etwa 430.000 Einwohnern gerade einmal die Kennzahlen von Bremen-Stadt erreichende EU-Staat Malta erstreckt sich über eine kleine Inselgruppe auf ungefähr halbem Weg zwischen Sizilien und der libysch-tunesischen Küste. Neben der Hauptinsel Malta (246 qkm) gehört neben einigen Kleininseln noch die nordwestlich der Hauptinsel liegende Nebeninsel Gozo (67 qkm, 31.000 Einwohner) zum maltesischen Archipel.
Gozo – noch nie gehört?
Das etwa 14 km lange und sieben Kilometer breite Gozo ist eine touristisch eher unbekannte Perle. Gozo bietet im gewissen Gegensatz zur quirligen, eher auf Massentourismus ausgerichteten Hauptinsel gute Chancen, sich in ruhigen Ecken ein wenig wie eine Göttin zu fühlen oder doch zumindest wie eine zufriedene Malta-Eidechse beim entspannten Sonnenbad. Die Einwohner von Gozo verteilen sich auf das absolut überschaubare Inselhauptstädtchen Victoria Rabat (6.500 Einwohner) und rund ein Dutzend kleiner Dörfer. (Die arabische Bezeichnung „Rabat“ hat übrigens nichts mit einem Preisnachlass an der Supermarkt-Kasse zu tun, sondern bedeutet „Vorstadt“.)
Gozo ist mit den tagsüber im Dreiviertelstunden-Takt vom Malta-Fährhafen Cirkewwa ablegenden Fähren zu erreichen. Nach etwa 25 Minuten Seefahrt durch die sieben Kilometer lange Meerenge Fliegu Ta‘ Comino (Gozo-Kanal) an den Mini-Inseln Comino und Cominotto vorbei wird im Hafen Mgarr angelegt. Auf Gozo selbst sorgt ein gut ausgebautes und preisgünstig zu nutzendes Bussystem für bequemes Hin und Her.
Was erwartet dich auf Gozo?
Zunächst einmal eine sich mit ihren Olivenhainen und Weinbergen deutlich grüner als die Hauptinsel präsentierende Insel. Es macht den Eindruck, als ob hier nicht der Fremdenverkehr die erste Geige spielen würde, sondern immer noch traditionelle Wirtschaftszweige wie Landwirtschaft und Fischerei. Aber natürlich ist auch auf Gozo der Tourismus längst angekommen. Allerdings bevorzugt in seiner sanften Form. Die für ihre Eigenwilligkeit bekannten Gozitaner (Gozo war sogar einmal, wenn auch nur von 1798 bis 1800, eine eigenständige Republik.) versuchen sich durchaus erfolgreich mit Kultur- und Ökotourismus von Konzepten der Hauptinsel abzusetzen. Auch ohne Ballermann-Krawall oder gerade wegen dieses Fehlens wird es Menschen, die einen Nerv für Naturpracht und Kulturschönheit haben, auf Gozo nur schwerlich langweilig werden.
Beeindruckende Historie & Sehenswürdigkeiten
Die maltesische Inselgruppe ist eine Region mit faszinierender Historie. Phönizier, Griechen, Römer und Araber, Normannen und Spanier, napoleonische Franzosen und viktorianische Briten haben die Inseln beherrscht und ihre Spuren hinterlassen. Von 1530 bis 1798 war das immer noch sehr deutlich katholische Malta Ordensstaat der Johanniter-Ritter. Die Einheimischen Maltas waren aber in ihrer von so vielen Wechselfällen geprägten Geschichte nicht bloße fremdbestimmte Verfügungsmasse, sondern haben oft auch kräftig und selbstbewusst an den politischen Entwicklungen mitgewirkt. 1964 wurde die britische Kronkolonie Malta in die Unabhängigkeit entlassen. Maltas Geschichte begann viele tausend Jahre vorher.
An diese mystische Zeit der Megalith-Epoche, in der erste Siedler von einem unbekannten Ort übers Meer kommend auf Gozo ihr Zuhause fanden, erinnern heute zum UNESCO-Weltkulturerbe zählende Tempel- und Grabbauten wie der Brochtorff Circle. Besonders sehenswert ist der Steinzeit-Tempel von Ggantija nahe dem Dorf Xaghra. Die Riesenanlage wurde vor mehr als 5500 Jahren erbaut. Damit verglichen sind die ägyptischen Pyramiden zeitlich gesehen Neubauten. Wer das Volk war, das diese Bauten erschaffen hatte und warum es um etwa 3000 v. Chr. die Insel wieder verließ, ist ungeklärt. Einige hundert Jahre später, in der Bronzezeit, wurde die Insel neu besiedelt.
Auch an Historie erinnert wirst du beim Schlendern durch die engen Gassen der pittoresken, von den Römern gegründeten Inselhauptstadt Victoria Rabat. Hier gehören der Marktplatz It-Tokk und die um 1700 erbaute Kathedrale Mariä Himmelfahrt zu den Sehenswürdigkeiten. Herzstück der Stadt ist aber Cittadella, die wuchtige, kürzlich aufwendig restaurierte Zitadelle, an der seit 1500 v. Chr. immer wieder gebaut worden ist. Hier informiert das Museum of Archaeology über die Frühgeschichte Gozos. Es gibt auf Gozo noch sieben weitere Museen. Für die Kulturbeflissenheit der Gozitaner spricht auch, dass sich in der Republic Street, der Hauptstraße der kleinen Hauptstadt, gleich zwei Opernhäuser befinden: Das Astoria und das Aurora. Unweit davon lädt der very british wirkende Park Rundle Gardens zum Ausruhen ein.
Über die Insel verteilt geben mittelalterliche Wachtürme einen Eindruck von vergangenen unruhigen Zeiten, in denen die Gozitaner, die selbst auch ganz gern mal auf Kaperfahrt gingen, sich unter anderem vor Seeräubern schützten. Interessant ist ein Besuch der uralten, immer noch betriebenen Salt Pans: Anlagen, in denen auf althergebrachte Weise Meersalz gewonnen wird.
Die besten Aktivitäten auf Gozo
Gozo hat etwa zwei Dutzend nette Restaurants und Bars, ist aber bestimmt keine Partymeile. Dafür bietet die Insel traumhafte Möglichkeiten für Körperspaß. Tipp: Eine Klettertour durch die für Gozo typischen Kalkstein-Felsformationen mit spektakulären Ausblicken auf das Meer. Oder für Montainbike-und Wander-Fans: Eine Querfeldein-Tour zu einem der vielen Strände in den Buchten mit ihrem unübertroffen glasklaren Wasser. Super für Schnorchler ist im Taucherparadies Gozo nicht nur der halbkilometerlange Canyon Ghasri Valley. Ein unvergessliches Erlebnis ist ein Tauchgang im Blue Hole, einem marinen Felsküsten-See, der unter Wasser mit der offenen See verbunden ist. Unbedingt zu empfehlen sind auch Boots- und Kayak-Touren rund um die Insel.
Wenn du nicht nur für einen Tagesausflug auf eine der schönsten Inseln Europas hoppen willst, hast du eine recht große Auswahl an angenehmen Übernachtungsoptionen. Betont dicht am gozitanischen Leben sind Unterkünfte in oft zauberhaft ausgestalteten ehemaligen Bauernhäusern.
Fotos: Photo by Ela2007; Peter Langer; WLADIMIR BULGAR/SCIENCE PHOTO LIBRARY / Getty Images