Washington D.C. – typisch untypisch

Patriotisch, Symbol der Demokratie und trotzdem so gar nicht typisch amerikanisch- Washington D.C

Ein ganzes Jahr durfte ich in dieser wunderbaren Stadt verbringen, die nicht nur Zentrum der Macht, sondern auch so gar nicht typisch amerikanisch ist! Denkt man an Amerika, so taucht unweigerlich das Bild einer Welt in uns auf, die nur Schwarz oder Weiß kennt, in denen man entweder zu den silikongefüllten Barbie-Doubles oder den fettleibigen Trailerparkbewohnern gehört und wo man auch seinen größten Feind noch mit einem außergewöhnlich freundlichen Lächeln begrüßt.

Nichts von diesen Vorurteilen wird man in der Hauptstadt der Vereinigten Staaten von Amerika finden und auch das Stadtbild ist so ganz untypisch: hier reihen sich keine Wolkenkratzer aneinander und eine Skyline wie in New York gibt es nicht. Als die Stadt geplant wurde, orientierte man sich an Städten wie Paris, wo breite Straßen und übersichtliche Gebäude den europäischen Charme wieder aufgreifen sollten. So legte man fest, dass kein Haus größer sein durfte, als die Straße, in der es steht, breit ist- plus 20 feet, was in etwa 6 Metern entspricht. Wer also die Quadratstadt Mannheim liebt, der wird sich hier zumindest was die Straßennamen betrifft gleich wie zuhause fühlen- nur dass diese Buchstaben und Zahlen sich hier nicht am Wasserturm orientieren, sondern vom Kapitol ausgehend verlaufen.

Lichtdurchflutete Marmorgebäude, bis zum Bersten gefüllt mit amerikanischer Demokratie

Das Kapitol ist eine der zahlreichen Sehenswürdigkeiten in dieser Stadt, die die Demokratie und die hier stattfindende Arbeit der US-Regierung dokumentiert und unerschütterlich verkörpert- in den zahlreichen Räumen kann man aber nicht nur die Politik leibhaftig spüren, sondern auch außergewöhnliche Kunstsammlungen bestaunen. Die schmückende Kuppel des beeindruckenden Bauwerkes gilt als das Wahrzeichen der Stadt und wird mit einer eigenen Freiheitsstatue gekrönt.

An jeder Ecke lassen sich in dieser einzigartigen Stadt, direkt am Potomac River gelegen, wunderschön angelegte Parks und jahrhundertealte Architektur aus Marmor finden- niemand würde heute noch vermuten, dass Washington auf ehemaligem Sumpfgebiet angelegt wurde!

„The Mall“, das klingt zunächst einmal nach einem Paradies für Schnäppchenjäger, ist aber tatsächlich eine breite Parkanlage, um die herum so einige Sehenswürdigkeiten auf einen Besuch warten. Das Weiße Haus, wohl eines der elegantesten und meist bekannten Machtzentren der Welt, bei dem man sich bereits viele Tage im Voraus anmelden muss, ist mindestens genauso sehenswert wie die Library of Congress. Wer sich an dieser Stelle fragt, was an einer Bibliothek denn so toll sein soll, dem sei der Film „Das Vermächtnis des geheimen Buches“ empfohlen- nicht nur die Innenarchitektur der weltweit größten Bücherei mit 120 Millionen Büchern ist mehr als beeindruckend, man würde sich auch nicht wundern, wenn einem hier tatsächlich das sagenumwobene „Buch des Präsidenten“ begegnet.
 

Der Obelisk in Washington

Den Urlaub im Museum verbringen?!

Museen klingen zunächst einmal zum Gähnen langweilig und geht man von den vielen mehr als verstaubten Aufbewahrungsorten von Antiquitäten in Deutschland aus, so kann man eine gewisse, an dieser Stelle aufkommende Skepsis ja auch nachvollziehen. In Washington allerdings, könnte man ohne Probleme seinen kompletten Urlaub hier verbringen, denn die Museen sind nicht nur thematisch vielversprechender, sondern dank der Smithsonian Institution auch noch kostenlos und absolut erlebenswert. Jeder, der ansonsten einen weiten Bogen um solche Einrichtungen macht, wird hier garantiert in den Bann gezogen und je nach Interessengebiet gar nicht mehr genug bekommen können! Was die Museen hier so besonders macht? Hier findet man den größten Diamanten der Welt (Natural History Museum), kann die Apollo 11 (National Space Museum) bewundern, mit der die erste Mondlandung überhaupt glückte und Archäologen beim Freilegen von echten Dinosaurierknochen über die Schultern schauen. James Bond war der Held eurer Kindheit? Im „International Spy Museum“ lässt sich von der Kugelschreiberpistole bis hin zum am Auto angebrachtem Maschinengewehr alles bewundern, was echte Agenten für ihre geheimen Missionen so benötigen. Wer sich für amerikanische Geschichte interessiert, der wird vom „American History Museum“ total fasziniert sein! Hier findet man von Abraham Lincolns Hut, über Edisons Glühbirne, bis hin zu den original Kleidern aller First Ladys alles, was die Schätze der Vergangenheit dieses Landes zu bieten haben.

Auf den Spuren George Washingtons- Mount Vernon

Wer die Stadt verlässt, der findet von Feldern umgeben und direkt am Ufer des Potomacs das elegante Herrenhaus Mount Vernon. Hier verbrachte der erste Präsident Amerikas seine Kindheit und kehrte dann nach seiner Amtszeit wieder dorthin zurück, um einer zweiten großen Leidenschaft, dem Farmerleben, nachgehen zu können. Nirgendwo sonst kann man soviel über diesen bedeutenden Mann und die mit Sklaverei betriebene Landwirtschaft der gerade erst gegründeten USA lernen und schnell wird man in den Bann dieses so friedlichen Platzes Erde gezogen. Im dazugehörigen Restaurant kann man typische Speisen aus dieser Zeit kosten und seine Sinne mit Spezialitäten wie Erdnuss- und Kastaniensuppe oder Lachs-Mais-Kuchen verwöhnen lassen. Einen Verdauungsspaziergang kann man am Besten durch die großzügige Gartenanlage machen, in dem der Präsident selbst Experimente mit Pflanzen machte, um besonders ertragreiche Züchtungen hervorzubringen. Auch eine von ihm entworfene Scheune ist nicht nur architektonisch interessant, sondern auch noch überaus sinnvoll: Um die mangelnde Bewegung der Pferde auszugleichen und beim Getreide die Spreu vom Weizen so kräfteschonend wie möglich zu trennen, ließ er eine runde Konstruktion bauen, in der die Tiere auf den Körnern herumliefen und diese dann, getrennt vom Stroh, durch die Latten eine Etage tiefer fielen- einfach, aber genial!

Elitär, idyllisch und elegant- Georgetown!

Wenn man vor 200 Jahren in dieses Stadtviertel gekommen wäre, hätte man wohl sofort wieder auf dem Absatz kehrt gemacht. Zu dieser Zeit befand sich hier nämlich noch ein Hafen für Sklaven- und Tabakhandel, eingerahmt von herunter gekommenen Wohnungen, schmutzigen Docks und slumähnlicher Atmosphäre. Unter Kennedy verwandelte sich dieser Teil DC´s dann in das heutige „In-Viertel“, indem die politischen Persönlichkeiten wie zum Beispiel John Kerry wohnen und welches aufgrund der historischen Bauten, sowie der unmittelbaren Nähe zur Innenstadt zu einem der teuersten Wohngebiete überhaupt geworden ist.

Urbaner Schick und buntes Nachtleben in Adams Morgan

Zwischen der 18.Straße und der Columbia Road sieht es so ganz anders aus als in anderen Stadtteilen Washingtons: bunte Häuser reihen sich hier aneinander und die Vielfältigkeit und Individualität unserer Gesellschaft wird hier besonders ausschweifend zelebriert- in etwa vergleichbar mit der Atmosphäre in Friedrichshain, Berlin. Der Name Adams Morgan setzt sich übrigens aus zwei noch zu Zeiten der Segregation nach Hautfarben getrennten Grundschulen zusammen, die Thomas P. Morgan und der John Quincy Adams hießen. Die zahlreichen Shops, Restaurants und Bars sind so interkulturell wie die Bewohner hier- viele Latinos und Afrikaner bringen Temperament, Jazz-Musik, kulinarische Köstlichkeiten und jede Menge Lebensfreude in diesen eher unkonventionelle Stadtteil Washingtons und auch dem karibischen Einfluss kann sich keiner entziehen. Jeden zweiten Samstag im September findet hier das „Adams Morgan Day Festival“ statt, bei dem alle Kulturen und Nationalitäten vertreten sind und mit Live-Musik, nationalen Spezialitäten und zahlreichen Handwerksständen mitten auf der Straße feiern und gute Laune verbreiten. Aber auch an allen anderen Wochenenden tümmeln sich hier die Partyhungrigen und alle, die auf der Suche nach Individualität und urbanem Lebensgefühl sind.

Kultur, Wohlstand und Bildung: Bethesda und Potomac

Bethesda ist einer der beliebtesten Wohnorte der Stadt und befindet sich nordwestlich des Zentrums Washingtons. Hier leben die gebildeten und wohlhabenden Amerikaner, die sich auch über die Grenzen ihres Landes hinaus auskennen und Wert auf Kultur und Kreativität legen. In dem kleinen Ort gibt es unzählige, abwechslungsreiche Restaurants, die sich in der belebten und noch sehr traditionellen Innenstadt befinden. Auch Antiquitätengeschäfte, Kunstmärkte und Boutiquen mit hochpreisigen, aber sehr geschmackvollen Schaufensterauslagen kann man bei einem Bummel durch die Straßen genießen. Wer gerne mit dem Fahrrad unterwegs ist, der kann von hier aus auf dem „Capital Crescent Trail“ sogar bis nach Georgetown fahren und wird auf der Strecke mit atemberaubenden Landschaften belohnt, in der sich wilde Flussszenarien mit grünen Wäldern abwechseln.

In Potomac befindet sich nicht nur die größte Outletmall der Ostküste (und liebe Shopaholics, hier gibt es wirklich ALLES- allein zum reinen Durchlaufen, ohne die Verlockungen in den Boutiquen genauer zu betrachten, braucht man schon eine knappe Stunde!), sondern wer sich schon immer mal die wirklich großen Häuser der Schönen und Reichen ansehen wollte, wird hier garantiert belohnt. In der Potomac River Road reiht sich eine fantastische Architektur an die andere und es ist fast unvorstellbar, dass in einigen dieser schlossähnlichen Bauten meist nur zwei Personen wohnen. Ganz in der Nähe hat man auch noch die Möglichkeit, den Nationalpark „Great Falls“ zu besuchen. Zwischen rauen Felsen stürzt sich hier ein großer Wasserfall tosend in die Tiefe und man würde sich nicht wundern, wenn hier plötzlich ein Grizzlybär in dieser unberührten und faszinierenden Natur auftauchen würde (aber keine Sorge, der einzige Bär, der einem hier tatsächlich begegnen kann, ist ein Waschbär).

Washington DC ist ein absolut sehenswertes Reiseziel und hat auch über das Zentrum hinaus so einiges zu bieten. Sämtliche Klischees, die man vielleicht über Amerikaner hat, werden hier nicht nur widerlegt, sondern durch Bewunderung und Faszination ersetzt. Hier findet man nicht nur Zeugnisse amerikanischer Geschichte und Kultur, sondern auch eine lebendige Mischung zwischen Nachtleben, Szene und kulinarischer, sowie menschlicher Vielfältigkeit! Und wer sich dann doch noch nach gläserner Skyline und hektischem Metropolenleben sehnt, der kann in 4,5 Stunden noch in den Big Apple, New York, weiterreisen- zahlreiche Busunternehmen bieten bereits für ca.35 Dollar Hin- und Rückfahrt an. Ohne Frage wird aber eine meiner nächsten Reisen auch wieder nach Washington, Zentrum der Macht und amerikanische Kulturhauptstadt führen!

Fotos: Vacclav, SeanPavonePhoto / stock.adobe.com

Carolin Loeken
Carolin Loeken
Carolin Loeken ist eine dynamische Reise-Redakteurin, die ihre Leser mit lebhaften Berichten aus aller Welt begeistert. Mit einer Vorliebe für die pulsierenden Metropolen wie Washington DC, New York oder auch Berlin, verbindet sie in ihren Geschichten urbanen Charme mit abenteuerlichen Erlebnissen. Als Schütze ist sie stets auf der Suche nach neuen Herausforderungen und Abenteuern, die sie mit ihrer fließend sarkastischen Art humorvoll beschreibt.

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